Feldbiologie und Exkursionen

Feldbiologie und Exkursionen


Diese homepage beschäftigt sich mit biologischen, insbesondere freilandbiologischen Inhalten mit den Schwerpunkt Botanik.

 

Biologisch-ökologische Zusammenhänge sind zunächst allein durch die Studien im Freiland - „in der Natur“ - aufgedeckt worden. „Feldbiologie“ ist ein relativ unscharfer Begriff, etwa im Gegensatz zur „Feldforschung“, der darauf Bezug nimmt, dass die Untersuchungen der Organismen sowie die ökologischen Verhältnisse im Gelände vorgenommen werden. Autökologie, Synökologie und Demökologie bzw. die Aufklärung der damit gemeinten Erscheinungen stehen stellvertretend für biologische Untersuchungen im Gelände. Es kann daran erinnert werden, dass die in den Lehrbüchern niedergelegten Erkenntnisse zu guten Teilen aus der Naturbeobachtung entstanden sind. So lassen sich viele in der Theorie dargelegte Fakten in der Natur tatsächlich sehen. Bodenmerkmale lassen sich aus den Zeigerwerten der jeweiligen Vegetation erschließen, bestimmte Schaderreger erzeugen bestimmte Schadmuster, Vogelarten benötigen bestimmte Lebensräume usw.

Nun soll hier nicht der Eindruck erweckt werden, es würden feldbiologische Forschungsprojekte vorgestellt werden, sondern der Schwerpunkt liegt auf dem Wahrnehmen, dem Erkennen und dem Zuordnen von biologischen Beobachtungen. „Erleben, Beobachten, Untersuchen“ lautete ein Buchtitel aus der biologie-fachdidaktischen Literatur (siehe Button Veröffentlichungen und Bücher). Damit ist gut umrissen, worum es bei den vorliegenden Seiten gehen soll. Viele Dinge, die draußen entdeckt werden, sind nicht jedem sofort bekannt oder können eindeutig benannt werden. Manches kann zur näheren Bestimmung mit nach Hause genommen werden und vieles zeigt erst unter dem Mikroskop seine eindrucksvolle Schönheit.

 

Demzufolge sollen biologische Beobachtungen thematisiert werden und es soll auf Besonderheiten aufmerksam gemacht werden. Dazu ist vielfach eine angemessene Artenkenntnis erforderlich, ein besonderes Problem. Dies insbesondere dann, wenn bereits eine solide Artenkenntnis vorliegt, denn dann wird die Unsicherheit noch größer, da bekannt ist, dass es vielfach äußerst ähnliche Schwesterarten gibt oder auch grüne Doppelgänger. Ein anderes Beispiel:  Man begegnet auf Exkursionen einer Vielzahl von auf Holz wachsenden Pilzarten. Darunter finden sich oft auch solche, die mehr oder weniger weiße, flächige Überzüge bilden. Sie sind besonders schwer anzusprechen, denn es dürfte in Deutschland mindestens 400 verschieden Arten geben. Wer soll diese alle kennen? Ein ähnliches Problem liegt bei parasitischen Kleinpilzen auf Pflanzen vor. Es ist daher unmöglich, enzyklopädisch vorzugehen, sondern es kann nur auf Besonderheiten aufmerksam gemacht werden.

Bei einer biologischen Exkursion scheint zunächst keine Gesetzmäßigkeit erkennbar, sondern nur ein „Artenchaos“. Man denke dabei an Heinrich Grupe, der 1947 in "Naturkunde in der Volksschule" schrieb: 

„Am Rande des Dorfes lag ein Teich, …Es war reiner Zufall, daß ich nicht gleich mit der Klasse ging … Da lag nun die ‚Lebensgemeinschaft’ in wunderbarer Abgeschiedenheit vor mir. In den dichten Pflanzenbeständen und im Wasser war ein reges Tierleben. […] Ich kannte die Jungeschen ‚Gesetze’ auswendig; hier draußen jedoch waren meinen Augen keine Gesetze sichtbar – ich sah nur Tiere und Pflanzen und Wasser. [ …] Also heran an die Pflanzen! Aber so ein Röhrichtbestand hat es in sich. Außer Schilf kannte ich nicht gar zu viel davon. Also dann zu den Schwimmpflanzen! Unter ihnen verbargen sich noch mehr Unbekannte. […] An diesem Nachmittag ging mir an dem verschwiegenen Teich eine Erkenntnis auf: Die ‚Lebensgemeinschaften’ in den Büchern und diese ‚Lebensgemeinschaft’ hier draußen in der Gemarkung sind zwei sehr verschiedene Angelegenheiten … Und ich sagte mir sehr ehrlich: Junge, du weißt nichts, erst gehe hin und lerne die Dinge richtig kennen und dann komme wieder und versuche es mit einem Unterricht, der eine gründliche Sachkenntnis voraussetzt!“
 
Dieses Zitat steht nicht im Widerspruch dazu, dass oben behauptet wurde, die Gesetzmäßigkeiten seien draußen zumeist zu erkennen. Man führe sich das Bild einer Ackerbaufläche vor Augen, die an eine baumbestandene Allee grenzt. Dann sieht man die schlechte Entwicklung der Ackerpflanzen unter den Baumkronen im Gegensatz zur Freifläche – eine Folge von Wassermangel durch das Kronendach, Wasserkonkurrenz durch die Bäume selbst und Lichtmangel durch die Blätter. Dieser Zusammenhang ist unabhängig davon zu erkennen, ob man die Pflanzen kennt oder nicht.

Der Erwerb von Artenkenntnis ist nicht nur Selbstzweck: Er gibt fachliche Sicherheit und ist Voraussetzung für weitere biologische Arbeiten in der Pflanzensoziologie, der Vegetationsgeographie, der Ökologie, dem Naturschutz und der Systematik. Nicht zuletzt lassen sich damit viele Erscheinungen erläutern, z.B. bei den Schadbildern und den Tierspuren. Angeblich schützt (und sieht?) man nur das, was man kennt. Es ist demzufolge nicht ratsam, über unbekannte Arten hinwegzusehen, sondern sie als Herausforderung, sich näher mit ihnen zu beschäftigen, anzunehmen.


Mit Hilfe des Aufbaues eines eigenen Arten- und Beobachtungsbuches kann man sich einen Fundus schaffen, der später so groß ist, dass er über viele Exkursionen trägt – ganz gleich, in welchem Gebiet man sich aufhält. Damit beginnt man am besten, indem man zunächst die Arten aufnimmt, die man selbst bereits gesichert kennt. Dazu trägt man Zeichnungen, Abbildungen, Merkhinweise, tabellarisch die Unterschiede der schwer unterscheidbaren Arten, die Zeigerwerte nach Ellenberg und dergl. ein. Jede neu bestimmte Art wird dann hinzugefügt. Wann immer man auf neue Informationen über die Arten trifft, z.B. über pflanzliche Inhaltsstoffe, Verwendung in der Medizin, Historisches, Besonderheiten der Anatomie, Forschungsergebnisse u.a.m., trägt man diese hinzu. Dieses Buch kann man dann zu den Exkursionen mitnehmen und daraus vortragen. Im Zeitalter von GPS lassen sich weitere Angaben denken. So ist z.B. der Vermerk, wo man eine Art gefunden hat, hilfreich für die Erinnerung, indem man im Track des GPS-Gerätes Notizzettel an den Fundorten setzt. Aber auch für die Materialbeschaffung, etwa für den Schulunterricht, die Durchführung von Versuchen und die Anlage einer Sammlung biologischer Fundstücke, sind die Eintragungen bzw. die Artenkenntnis von besonderer Bedeutung.


Auf gar keinen Fall sollte die vorhandene Zahl der Arten ein psychologischer Hinderungsgrund sein, sich mit der eigenen Artenkenntnis zu befassen. Es gibt in Deutschland z.B. über 3.200 Blütenpflanzenarten (je nach Autor und systematischer Zuordnung z.B. der Subspezies werden auch Zahlen über 4.000 erreicht), davon über 70 Baumarten. Bei den Moosen sind es ca. 1.000 Arten, bei den Pilzen ca. 14.000 Arten. Es wurden in Brandenburg über 350 Vogelarten gesichtet. Allein in Berlin finden sich um die 150 Brutvogelarten - von Insekten und anderen Gruppen ganz zu schweigen. In ganz Deutschland sollen 71.500 Lebewesen nachgewiesen worden sein, wie die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (nach Bundesamt für Naturschutz) mitteilt. Da kann man noch viel Neues finden.

Deshalb: Rausgehen – Beobachten – Bestimmen – Sammeln. Und dann: Biologische Fakten zusammentragen.


 

 

 


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